kolportiert von Katja Leyhausen
Lesedauer 3 MinutenDie Universität ist für ihre Studenten eine Alma Mater, so sagt man: eine “gütige, nährende Mutter”. Als sich die Universität Heidelberg, Alma Mater für gegenwärtig fast 30 000 Studierende, am 18. November 2022 bei ihren Absolventen des Jahrgangs 2020/21per Fragebogen nach dem beruflichen Fortkommen erkundigte, fragte sie fürsorglich auch nach der Corona-Zeit – erstmals, nur diese Gruppe und nur bei dieser Gelegenheit. Das Tagebuch der freien Meinung veröffentlicht hier die Fragen und die Antwort einer Naturwissenschaftlerin, die im Originaldokument postwendend an die Universität zurückging. Insgesamt waren 38 Fragen gestellt worden; ein einziger Frageblock befasste sich mit dem übergeordneten Thema:
Hatte die Corona-Pandemie Einfluss auf Ihre beruflichen Pläne oder Ihren Berufseinstieg?
Im Detail sahen die Fragen so aus:
Hatte die Corona-Pandemie Einfluss auf Ihre beruflichen Pläne oder Ihren Berufseinstieg?
Bitte wählen: Ja / Nein
Falls ja: Inwiefern? (Mehrfachnennungen möglich)
Ich habe bisher Corona-bedingt noch keine Beschäftigung gefunden. Ja/Nein
Mein Einstieg in eine Beschäftigung hat sich Corona-bedingt verzögert. Ja/Nein
Ich habe Corona-bedingt eine Tätigkeit aufgenommen, die nicht meinem Abschlussniveau entspricht. Ja/Nein
Ich habe Corona-bedingt eine Tätigkeit aufgenommen, die nicht meinem Fachgebiet entspricht. Ja/Nein
Ich habe Corona-bedingt zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. Weiterbildung) aufgenommen. Ja/Nein
Sonstiger Einfluss
Sonstiger Einfluss
Die Einladung, sich zum sonstigen Einfluss zu äußern, nahm die Absolventin an:
“Während der Corona-Pandemie habe ich mich von der Hochschule Heidelberg durchweg im Stich gelassen gefühlt. Dass Sie in dieser Absolventenbefragung schon wieder derartig begrenzt auf die Thematik eingehen, bestätigt meinen Eindruck. Die Corona-Pandemie hatte keinen allzu großen, wie von Ihnen in der Fragestellung impliziert, Einfluss auf meine beruflichen Pläne oder meinen Berufseinstieg, sondern auf mein vorhergehendes Studium an der Universität Heidelberg. Uns Studenten wurde monatelang (im Nachhinein erwiesenermaßen grundlos) der Zugang zu Lehrräumen und Lehrveranstaltungen versagt. Erstsemester lernten ihre Kommilitonen, ohne welche der Abschluss eines Studiums massiv erschwert ist, erst nach Jahren oder nie kennen. Kommilitonen stürzten in Motivationslöcher und depressive Phasen, da ein geregelter Studien- und Sozialalltag nicht mehr gewährleistet war. Ich konnte das an mir selbst und meinem Umfeld beobachten. Die raren Präsenzveranstaltungen konnten nur nach Vorlage eines Impfausweises besucht werden, ansonsten drohte gesellschaftlicher Ausschluss. Nur aus diesem Grund habe ich mich, wie viele meiner Kommilitonen (alles junge, gesunde Menschen mit hoher naturwissenschaftlicher Bildung) mit diesem Impfstoff impfen lassen, dessen Technik wir sehr gut kannten und dessen unzureichendes Zulassungsverfahren wir dank Bildung durch die Universität Heidelberg nur allzu gut zu bewerten vermochten. Er barg und birgt gesundheitliche Risiken in unserer Altersklasse. In den Laboren wurden durch komplette Zugangssperren immense Mengen an Geldern und Ressourcen in den Wind geschossen. Jahrelang geplante Experimente wurden dadurch annulliert, Abschlussarbeiten um ein Vielfaches verlängert. Die Mensa konnte man nur nach Vorlage eines Impf- plus Studentenausweises betreten. (Aus welchem Grund brauchte man den Studentenausweis? Stellten Gaststudenten anderer Universitäten ein höheres Infektionsrisiko dar als Studenten der Universität Heidelberg?) Es erfolgten nie Stellungnahmen und eine handfeste Begründung für diese krassen Einschnitte. Es gab lediglich salbungsvolle Worte des Rektors mit der Quintessenz, dass es jetzt nun mal so wäre und man sich bloß impfen lassen müsse und stark bleiben solle, dann würde sicherlich irgendwann alles wieder gut werden. Ich war und bin schwer enttäuscht von der gescheiterten konstruktiven Auseinandersetzung mit aktuellen Fragestellungen und der angeblich – SEMPER APERTUS – immer offenen Universität Heidelberg.”