Absurd und unverhältnismäßig – Schulen bereiten sich wieder auf Masken- und Testpflicht vor

von Eugen Zentner

Lesedauer 4 Minuten

1bis19 - Absurd und unverhältnismäßig – Schulen bereiten sich wieder auf Masken- und Testpflicht vor
“Nicht die Masken, sondern die Eltern sind das Problem” (Kinderpsychaterin Kathrin Sevecke)

Die deutsche Regierung bereitet die Bevölkerung wieder auf einen harten Corona-Winter vor. Während alle anderen europäischen Länder ihre Maßnahmen sukzessive zurückschrauben, sorgt man hierzulande weiter für Angst. Selbst Frankreich hat kürzlich die Pandemie für beendet erklärt. Wenn dort das neue Schuljahr beginnt, werden die Kinder und Jugendlichen dem Unterreicht ohne Maske beiwohnen. Hierzulande jedoch müssen sie sich wieder darauf einstellen, wie das neue Infektionsschutzgesetz andeutet. Ihm zufolge sollen die Länder ab dem 1. Oktober die Möglichkeit bekommen, von der fünften Klasse aufwärts sowohl eine Masken- als auch eine Testpflicht zu verhängen. Die Kritik an dem Gesetz nimmt schon jetzt große Ausmaße an. Sie kommt von Juristen und so manchen Politikern, von Pädagogen und Psychologen, ja sogar von Kinder- und Jugendarztverbänden. Unisono beklagt werden vor allem die negativen Folgen für die betroffenen Schüler sowie eine fortlaufende Ungleichbehandlung, wenn jedes Bundesland eigenständig entscheiden darf.

Immense Gefahren sieht auch Monika K. Die 51-jährige Lehrerin aus der Nähe von Freiburg unterrichtet an einem sogenannten Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ), dessen Schwerpunkt auf geistiger Entwicklung liegt. Zwei ihrer Klassen kooperieren zudem mit einer Realschule aus der Gegend. In den letzten zwei Jahren hat Monika K. viel erlebt: ständig neue Hygiene-Regeln, Verordnungschaos und zunehmend irritierte Schüler. Anders als andere Bildungseinrichtungen schloss ihr SBBZ nur im ersten Lockdown im März 2020 die Pforten. Danach war es durchgehend geöffnet, wenn auch mit eingeschränktem Schulbetrieb. Bis April dieses Jahres mussten die Schüler einen Mund-Nasen-Schutz tragen, zuletzt sogar eine FFP2-Maske. Als sie nicht mehr verpflichtend war, konnten die Eltern selber entscheiden, ob ihre Kinder vermummt am Unterricht teilnehmen. „Anfangs taten sie sich schwer“, erinnert sich Monika K. Viele Schüler hätten sich an die Maske gewöhnt. Einige liefen mit ihr noch bis zu den Sommerferien herum.

Schäden durch die Maske

Ob es dabei um Schutz ging, ist eher fraglich. Die Lehrerin konnte beobachten, dass die Kinder und Jugendlichen die Maske als Hilfsmittel nutzten, um sich dahinter zu verstecken. „In diesem Alter ist man ohnehin unsicher und oftmals aufs Äußere bedacht“, sagt sie. Einige sähen daher in der Maske ein probates Accessoire, mit dem sich ein vermeintlicher äußerlicher Makel kaschieren lässt. Doch das erweist sich noch als das geringere Übel. Um einiges besorgniserregender, muss Monika K. feststellen, wirke sich die tägliche Vermummung auf die Kompetenz der Schüler aus, die Mimik anderer zu lesen. „Sie haben es verlernt, den Gesichtsausdruck zu deuten“, sagt die Lehrerin. Doch das sei für die Entwicklung enorm wichtig, besonders am SBBZ, wo Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerung darauf angewiesen sind, die Bewegung der Lippen zu sehen und das Gesagte zu rekonstruieren. „Mimik ist für ihre Kommunikation enorm wichtig“, so Monika K.

Dass die Masken mehr schaden als nützen, ist nicht nur ihre Meinung. Mittlerweile gibt es Studien, die das belegen. Die wohl bislang größte ist kürzlich im renommierten British Medical Journal (BMJ) erschienen, einem Peer-Review-Periodikum. In der Studie wurden Grundschulen und Vorschulen in Katalonien untersucht. 599.314 Kinder im Alter von drei bis elf Jahren sollen daran teilgenommen haben. Während für die oberen Klassen eine Maskenpflicht galt, waren die unteren von ihr befreit. Das Ergebnis lässt aufhorchen: „Wir fanden keine signifikanten Unterschiede in der SARS-CoV-2-Übertragung aufgrund von MNS-Vorschriften in katalanischen Schulen. Stattdessen war das Alter der wichtigste Faktor zur Erklärung des Übertragungsrisikos für Kinder, die eine Schule besuchen.“ Das BMJ nahm sich den Befund zu Herzen und sah sich veranlasst, an die Politik einen Appell zu senden: „Das MNS-Mandat für Kinder, die die Schule besuchen, basiert auf unzureichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen.“

In einer weiteren Studie, die auf nature.com erschienen ist, waren medizinische Masken auf Titandioxid getestet, das als krebserregend gilt. Das beste Modell, also dasjenige mit der geringsten Verunreinigung, erreichte immer noch den fünffachen Wert von der akzeptablen Grenze. Im Juni dieses Jahres verwies ein Artikel des Coburger Tagesblattes darauf, dass die Maskenpflicht bei vielen Kindern die Wahrnehmung verändere. Das führe wiederum zu Sprachstörungen. Auch die FAZ schrieb darüber, dass die Kinder aufgrund von Masken mittlerweile über ein begrenztes Vokabular verfügten und selbst auf einfachste Gesichtsregungen ihres Gegenübers nicht reagieren könnten. Die Schäden sind demnach gut dokumentiert, und trotzdem weigert sich die Politik, von der Maskenpflicht Abstand zu nehmen. Viele Schulen wissen das und bereiten sich vor. Am SBBZ und der kooperierenden Realschule, erzählt Monika K, habe man noch vor den Sommerferien neue FFP2-Masken bestellt, in der Erwartung, dass im Herbst die Hygieneregeln wieder verschärft werden. Die Lehrerin findet das „schrecklich“, zumal sie die psychischen Auswirkungen hautnah miterlebt.

Schwammig formulierte Voraussetzungen

Die gleiche Reaktion ruft bei ihr die Vorstellung hervor, dass auch Tests wieder verpflichtend werden können. Als ungeimpfte Lehrkraft musste sie sich diesem Prozedere bis zum Genesenenstatus täglich unterziehen. In ihrem Fall lief das noch harmlos ab. Doch sie kennt Kollegen, die an anderen Schulen von der Leitung drangsaliert und dazu gezwungen wurden, das Teststäbchen vor ihr in die Nase einzuführen. Die Schüler, so Monika K. hätten sich bis zu den Sommerferien zwei Mal in der Woche in der Klasse selber testen müssen. Wie sich ein solch regelmäßiger Eingriff auswirkt, hat unter anderem der Rechtsanwalt Alexander Christ in seinem neuen Buch «Corona-Staat» ausgeführt. Bundesweit soll es zahlreiche Fälle gegeben haben, in denen Schüler an Nasenbluten litten. Monika K. hat sie in ihren Klassen nicht erlebt, jedoch mitbekommen, dass einige Kinder und Jugendliche auffällig oft niesen mussten.

Das Leiden der Kinder könnte im kommenden Schuljahr eine Fortsetzung finden. Die Weichen dafür sind gestellt. Allerdings hören sich die Kriterien, die eine Masken- oder Testplicht rechtfertigen, so schwammig formuliert an, dass die Kritik immer lauter wird. Laut Gesetz sei dies dann erforderlich, wenn dadurch die Verbreitung der Krankheit verhindert und der geregelte Präsenzunterricht aufrechterhalten kann. Die Corona-Tests dürfen hingegen dann angeordnet werden, wenn sie nötig seien, um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und „sonstiger kritischer Infrastrukturen“ zu gewährleisten. Solche Definitionen rufen bei Monika K. Verwunderung hervor. „Die Parameter sind nicht klar definiert“, sagt sie. „Und wenn man schon Maßnahmen verhängt, dann sollten sie bundesweit gleich sein“, findet die Lehrerin, die sich außerdem fragt, wie die Politiker wissen können, dass Masken vor einer Verbreitung der Krankheit schützen.

Das neue Gesetz wirkt, als wäre es auf Sand gebaut. Die vielen Ungereimtheiten fallen allen auf, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Zum Sommer wurde die Masken- und Testpflicht abgeschafft, obwohl die Inzidenzen höher waren als je zuvor in den letzten zwei Jahren. „Und jetzt soll sie wieder eingeführt werden“, empört sich Monika K. „Das stimmt doch vorne und hinten nicht.“ So sehen es auch die Juristen, Politiker sowie die Kinder- und Jugendarztverbände, die das neue Infektionsschutzgesetz anprangern. Ob ihre Kritik eine Wende bewirkt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Die Schulen befinden sich jedenfalls im Alarmmodus und bereiten sich darauf vor, die nur kurz ausgesetzten Maßnahmen wieder zu verhängen.

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Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für diesen gut recherchierten Artikel. Hinzuzufügen wäre höchstens noch die vorgelagerte Frage, ob wir unseren Kindern überhaupt die Verantwortung für die Ausbreitung einer Krankheit, die fast ausschließlich die Älteren unserer Gesellschaft betrifft und gelegentlich bedroht, übertragen wollen. Selbst wenn die Masken mehr Nutzen als Schaden hätten, würde ich diese Frage mit Nein beantworten.

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