Sachbuch: «Wider die Angst (2022)»

eine Rezension von Eugen Zentner

Lesedauer 4 Minuten

Wer die einschlägigen Zeitungen aufschlägt, findet vermehrt alarmistische Nachrichten. Das ist nicht erst seit Corona der Fall. Immer und immer wieder wird vor möglichen Gefahren gewarnt – vor Seuchen und Krankheiten, vor Klimakatastrophen und Luftverschmutzung, vor Terror und Krieg. Es herrscht ein Zustand dauerhafter Panik – zumindest im öffentlichen Diskurs. Der Informatik-Professor und Physiker Peter A. Henning will diesem Trend entgegenwirken und die Gemüter beruhigen. «Wider die Angst» heißt sein neues Buch, in dem er einige markante Narrative der letzten Jahre untersucht, um zu zeigen, dass die geschürte Panikmache auf falschen Tatsachen, vor allem aber auf Manipulation beruht.

Warum aber fallen so viele Menschen darauf herein? Warum lassen sie sich so einfach verängstigen? Henning erklärt dieses Verhalten mit dem Konzept des «Information Overload», der Informationsüberflutung, die dazu führt, „dass die Verringerung der einlaufenden Informationsmenge wichtiger wird als Genauigkeit, Wahrheit und Faktentreue“. Um den Informationsfluss zu verringern, seien wir nur allzu schnell bereit, Vorurteile, faule Kompromisse und zweifelhafte Entscheidungen zu akzeptieren. Wer die gesellschaftlichen Entwicklungen in Folge der Corona-Politik verfolgt hat, dürfte den Wahrheitsgehalt dieser Aussage erkennen.

Weniger Emotionen, mehr Rationalität

Die Wirkungsweise der Informationsüberflutung ist gut erforscht, weshalb sie zu einer gefährlichen Waffe werden kann, wenn bestimmte Kräfte sie missbrauchen. Wie das funktioniert, exemplifiziert Henning so: „Dazu muss man lediglich wissenschaftlich etablierte Fakten – mindestens aber von Wissenschaftlern verkündete Erkenntnisse – aufgreifen und so darstellen, dass Menschen mit der Informationsmenge überfordert werden. Wird eine dadurch begründete Gefahrensituation wieder und wieder analysiert, über sie ‚berichtet‘ und vor ihr gewarnt, werden breite Bevölkerungsschichten Angst und Verunsicherung entwickeln.“ Das, so der Autor, führe dazu, dass die Menschen an der Bewältigung der unbekannten Zukunft gehindert würden. Sein Buch kommt daher als Versuch daher, ihnen diese Ängste zu nehmen. Es soll die Diskussion ein Stückweit entemotionalisieren und wieder mehr Rationalität walten lassen.

In jedem seiner Kapitel geht Henning einem, wie er es nennt, „Angst-Mem“ nach, einer ideenhaften Grundeinheit, die durch Kommunikation verbreitet wird. Viele der Themen sind aus den Medien gut bekannt. Es geht um die vielfach herbeigeschriebene Angst vor dem globalen Terrorismus, vor der Atomenergie, vor einem Virus oder dem Klimawandel. Bevor der Autor diese Meme sachlich entkräftet und ihnen die Dramatik nimmt, bettet er den jeweiligen Sachverhalt in einen geschichtlichen Kontext ein. Er bezieht sich auf Studien, zieht Zahlen heran und setzt sie ins Verhältnis. Es steckt sehr viel naturwissenschaftliches Wissen in diesen Ausführungen. Henning bewegt sich leichtfüßig zwischen den Gebieten, hantiert mit Formeln und Fachausdrücken. Er geht teilweise so weit ins Detail, dass das Buch Gefahr läuft, den Effekt der Informationsüberflutung gerade Laien quasi performativ nahezubringen.

Kritik an Wissenschaft

Am interessantesten sind immer noch solchen Passagen, in denen der Informatiker und Physiker veranschaulicht, wie die geschürte Angst dazu ausgenutzt wird, ganz bestimmte Reaktionen hervorzurufen. Die medial verbreitete Terrorgefahr nach dem 11. September 2001 habe zum Beispiel zu einer Mentalität des gegenseitigen Misstrauens und Belauerns geführt. Die Angst vor Radioaktivität nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima sei für viele der Treiber gewesen, sich für den Ausstieg aus der Kernenergienutzung auszusprechen. Oftmals schwingt in diesen Analysen eine schonungslose Kritik an dem heute vielfach wiederholten Mantra „hört auf die Wissenschaft“ mit. Die meisten Studien zu den brisanten Themen, so Henning, fänden lediglich Korrelationen, aber nicht die kausalen Zusammenhänge. Andere enthielten Aussagen, die keine Möglichkeiten bieten, sie zu falsifizieren. Besonders beliebt sei ein Trick, mit dem die Politik Wissenschaftlichkeit suggeriere: Sie ziehe eine kleine, handverlesene Gruppe von Personen heran, um die weitreichenden Konsequenzen von Entscheidungen zu rechtfertigen. Dass diese oftmals außerhalb ihres Fachverständnisses operiert, werde hingegen unter den Teppich gekehrt.

Die Kritik an der Rolle der Wissenschaft kommt besonders dann zum Vorschein, wenn der Autor sich mit der Corona-Pandemie auseinandersetzt. Schnell wird klar, dass er sie sehr ernst nimmt. Das SARS-CoV-2-Virus bezeichnet Henning als „ziemlich übles Ding“. Was ihm missfällt, sind die drakonischen Maßnahmen und deren Rechtfertigung. Oftmals sei sie nachträglich erfolgt, mit dem Argument, dass die Maßnahme X Schlimmeres habe verhindern können. Dabei handle es sich um ein sogenanntes Präventionsparadox, so der Informatik-Professor. Um die Behauptung im wissenschaftlichen Sinne zu beweisen, hätte man ein Experiment mit einer sorgfältig bestimmten maßnahmenfreien Kontrollgruppe durchführen müssen. Doch das sei schon allein aus ethischen Gründen nicht möglich gewesen.

Positive Bewertung der mRNA-bassierten Impfstoffe

So kritisch Henning gegenüber der Corona-Politik ist, so einverstanden zeigt er sich bei dem Thema Impfung. Überraschend fällt vor allem die Vehemenz aus, mit der er sie fordert. „Lassen Sie sich gegen das Coronavirus impfen. mRNA-basierte Impfstoffe sind die Zukunft“, heißt es an einer Stelle und klingt, als wäre es für eine Broschüre der Bundesregierung getextet worden. Der als Werbeslogan taugliche Zweizeiler stammt aus einem Kapitel, in dem der Autor die Ängste vor der Gentechnik zu widerlegen versucht. Dabei teilt er ordentlich gegen die sogenannte „Acker-Wald-und-Boden“-Ideologie aus, die Ökosysteme unbedingt im Status quo erhalten möchte. Sich selbst bezeichnet Henning als Biotechnologie-Befürworter, weshalb er dafür eintritt, dass sie in Forschung und Industrie nicht weniger, sondern häufiger zum Einsatz kommt. Das sei die Lehre, die man aus der Corona-Pandemie ziehen sollte.

Ob die vielen Impfopfer diesen Optimismus teilen, ist fraglich. Die Nebenwirkungen nach den mRNA-basierten Vakzinen häufen sich. Manche Ärzte sprechen davon, dass mittlerweile mehr Impfgeschädigte ihre Praxen aufsuchen als Covid-Patienten. Immer öfter greifen auch die Leitmedien dieses Thema auf, nachdem sie es lange Zeit tabuisierten. Dass es sich nicht um Hirngespinste handelt, beweist zudem der kürzlich erschienene Dokumentarfilm «Geimpft – jetzt reden wir!», in dem Betroffene darüber sprechen, mit welchen gesundheitlichen Problemen sie nach dem so gerne verniedlichten «Pieks» leben müssen. Schlafstörungen, starkes Nasenbluten, Muskelkrämpfe – die Liste der Nebenwirkungen ist lang. Es gibt sogar Fälle, in denen die Impfung den Tumorwuchs befeuert hat. Einige Opfer standen ihr skeptisch gegenüber, ließen sich dann aber überreden oder gaben dem öffentlichen Druck nach. Für sie ist das eingetreten, was sie befürchtet hatten – gesundheitliche Qualen. Manche Ängste scheinen also berechtigt zu sein.

< Wider die Angst – Medien, Meme, Manipulationen> von Peter A. Henning, 376 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Europa Verlag, München 2022
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