Sachbuch: «Die Angst- und Lügenpandemie» (2023)

Eine Rezension von Martina Binnig

Lesedauer 4 Minuten

Andreas Sönnichsen stellt seinem Buch „Die Angst- und Lügenpandemie“ ein Zitat von Bertrand Russell voran: „Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle Unrecht haben.“ Er widmet es „all jenen Wissenschaftlern, Ärzten, Politikern und selbständig denkenden Menschen“, die „in der Coronakrise den Mut hatten, der Mehrheitsmeinung zu widersprechen“. Und er betont: „Wissenschaft ist das stetige Bemühen um Annäherung an Wahrheit, ohne sie jemals erreichen zu können. Wissenschaft durch Mehrheitsentscheid ist Ideologie.“

Seine Veröffentlichung versteht der Humanmediziner Sönnichsen, der zuletzt als Professor an der Medizinischen Universität Wien, lehrte, als einen „Beitrag zur Aufarbeitung der Coronakrise“. Im Vorwort weist er darauf hin, dass Angst das Schlüsselwort zur Erklärung all dessen sei, was Menschen während der Coronakrise mit sich machen ließen. Angst führe zur Ausschüttung von Stresshormonen und verhindere klares, analytisches und logisches Denken. Und er zeigt auf, dass Angst gezielt als Machtmittel eingesetzt wurde.

Der Schmerz, Diffamierungen zu ertragen

Sönnichsen entlarvt die Lügen, mit denen beispielsweise im Zuge der Impfkampagne operiert wurde, und deckt die Schäden auf, die der Menschheit zugefügt wurden. In diesem Sinne hat Sönnichsen auch ein Buch des Widerstands gegen die Aussetzung von Grundrechten geschrieben.

Sein Anliegen ist es, die Gefährlichkeit von COVID realistisch einzuordnen und Angst abzubauen. Außerdem untersucht er detailliert die Folgen der Coronamaßnahmen und die Risiken der COVID-Impfungen. Besonders glaubhaft wirken Sönnichsens Schilderungen und Analysen dadurch, dass sie durchaus selbstkritische Passagen enthalten und einen ehrlichen Einblick in die persönlichen Erlebnisse und Reflexionen das Autors geben.

So gesteht Sönnichsen offen, dass er von dem scharfen Gegenwind, der ihm wegen seiner maßnahmenkritischen Äußerungen im April 2020 entgegenwehte, völlig aus der Bahn geworfen war. Denn seit 20 Jahren hatte Sönnichsen immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und sich kritisch mit der Medizin, die oft eher die Gewinne der Pharmaindustrie statt das Wohl der Patienten im Auge habe, auseinandergesetzt.

Doch erst in der Coronakrise gab es plötzlich keinen wissenschaftlichen Diskurs mehr. Stattdessen wurde Sönnichsen sogar von langjährigen Kollegen als „Covidiot“ diffamiert, und er gibt aufrichtig zu, dass es ihm anfangs schwer fiel, diese Diffamierungen zu ertragen. Das führte so weit, dass er sich in einem Fall sogar dem Druck beugte und seinen Namen von der Homepage des Außerparlamentarischen Corona Untersuchungsausschusses Austria (ACU-Austria) entfernen ließ, was er mit zeitlichem Abstand bereute. Gerade dieses Eingeständnis von Fehlern macht das Buch jedoch um so wertvoller, da es auch künftigen Lesern Aufschluss darüber geben kann, welche inneren Konflikten selbst die mutigsten und klarsten Kritiker ausgetragen haben.

Aufgeschreckt aus dem Tiefschlaf der Naivität

Und Mut brachte Sönnichsen in hohem Maße auf, beispielsweise in seinem Umgang mit der gegen ihn gerichteten Disziplinaranzeige der Ärztekammer, Angriffen seitens seiner Universität oder ihn diskreditierenden Zeitungsartikeln. So äußerte sich eine Kollegin Sönnichsens, mit der er sowohl fachlich als auch freundschaftlich seit langem verbunden war, in der größten Tageszeitung Österreichs abfällig über ihn und sprach ihm jedwede wissenschaftliche Expertise ab, was Sönnichsen tief traf.

Er gesteht: „Mir war nach Heulen zumute, und die Trauer mischte sich mit Wut.“ Zwar wurde Sönnichsen im Salzburger Prozess, der wegen angeblich illegaler Impfbefreiungen gegen ihn angestrengt worden war, im Februar 2023 freigesprochen, doch besonders die absurden Unterstellungen, dass er „die Nähe zu rechtsnationalen und antisemitischen Positionen suche“, schmerzten Sönnichsen sehr.

Unumwunden teilt er mit: „Ich begann erst Ende 2020, mich abseits der etablierten Medien zu informieren und stellte sehr schnell fest, dass […] unser politisches System durch internationale Konzerne, allen voran die Pharmaindustrie, viel tiefgreifender korrumpiert wurde, als mir bis dahin bewusst war. Ja, ich musste mir selbst eingestehen, dass ich in fast unverzeihlicher Naivität Politik und Medien bisher weitgehend vertraut hatte.“

Und weiter: „Familie, Beruf und Karriere hatten mich offenbar in einen Tiefschlaf aus Naivität und unkritischer Akzeptanz versetzt. Erst die vollkommen irrationalen Geschehnisse im Rahmen der Corona-Pandemie machten mir bewusst, dass die Akteure in unserem politischen und wirtschaftlichen System lange aufgehört haben, Entscheidungen zum Wohl der Bevölkerung zu treffen.“

Persona non grata durch rationale Kritik

Doch Sönnichsen hat keine Anklageschrift verfasst, sondern es geht ihm im Gegenteil um Aufklärung und Versöhnung. So beschließt er sein Buch mit den Sätzen: „Wenn wir anfangen, unseren Verstand zu nutzen und die Lügen zu entlarven, dann sind wir auf dem Weg in die Freiheit und können unsere schwer angeschlagene Demokratie retten, die Mächtigen in die Schranken weisen und als Gesellschaft wieder achtsam miteinander umgehen, ohne Andersdenkende diffamieren zu müssen. Wenn es uns dann noch gelingt, unseren Mut zum freien Denken mit der Bescheidenheit Poppers zu verbinden, der uns daran erinnert, dass unserem Verstand immer nur eine Annäherung an Wahrheit möglich ist, die es gilt, im Diskurs miteinander mühsam zu erarbeiten, dann können wir uns auch wieder versöhnen.“

Mit seinem Buch gibt Sönnichsen ein aufschlussreiches Zeugnis der Coronakrise aus der Perspektive eines hochqualifizierten Arztes und Wissenschaftler ab, der aufgrund seiner durch und durch rational begründeten Kritik plötzlich ungewollt zu einem Protagonisten des Widerstands und dadurch zu einer persona non grata wurde.

Nicht zuletzt ist das Buch jedoch auch ungemein informativ: Sönnichsen arbeitet mit höchster fachlicher Kompetenz und minutiöser Genauigkeit Themen wie etwa die Corona-Tests, die mRNA-Impfstoffe, die Sicherheitsberichte des Paul-Ehrlich-Instituts, die Aussagekraft von Statistiken und Studien, den Mund-Nasen-Schutz und die Lockdonws durch, sodass ein 300 Seiten starkes Nachschlagewerk entstanden ist, das man immer wieder zur Hand nimmt.

1bis19 - Sachbuch: «Die Angst- und Lügenpandemie» (2023)

< Die Angst- und Lügenpandemie. Ein Beitrag zur Aufarbeitung der Coronakrise. > von Andreas Sönnichsen, BoD, Norderstedt 2023, 20,-€

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