Die Mass(k)enpsychose

von Martin Bloem

Lesedauer 4 Minuten

1bis19 - Die Mass(k)enpsychose
Psycho – © Universal Pictures

Nun hat sich das Thema Masken also erledigt – jedenfalls in den meisten Ländern Europas. In England ist sie Geschichte, in Dänemark und den Niederlanden sowieso, in Schweden gab es ohnehin nie eine flächendeckende Maskenpflicht. Doch Deutschland hält an den Masken fest. Auch, wenn keine Pflicht mehr dazu besteht. In Supermärkten sehe ich zwischen 60 und 80 Prozent, die ihr Gesicht immer noch mit dem kaffeefilter-artigen Ding bedecken. Auch in öffentlichen Schulen sieht das Bild ähnlich aus – Schüler tragen auch ohne Pflicht weiter Masken, Lehrkräfte sowieso. An vielen Privatschulen ist die Maskenpflicht ohnehin qua Hausrecht in Kraft geblieben. Ein Ende ist nicht notwendigerweise absehbar.

Schülerinnen und Schüler, die nach 2020 ihre Schullaufbahn begonnen oder die Schule gewechselt haben, haben ihre Lehrkräfte zum Teil noch nie unmaskiert gesehen – und umgekehrt. In Fremdsprachen, in der es auf das Erlernen der Aussprache ankommt und beispielsweise in Rhetorik und Kommunikation ist das äußerst hinderlich. Wer sich als Lehrer über 100 neue Gesichter merken muss, hat einen erheblich erhöhten Schwierigkeitsgrad. Darüber hinaus ist die Sprache der Schüler gefiltert, wie durch Watte, kaum zu verstehen. Dass es die Sprachentwicklung von Kindern verzögert, die Mimik seines Gegenübers nicht zu sehen, ist auch in den Leitmedien schon vor geraumer Zeit angekommen1. Aber nun ist es angeblich unverantwortlich, die Maske wegzulassen.

Schöner als dein Querdenkergesicht

Ist denn die Realität in Deutschland eine andere als in seinen europäischen Nachbarländern? Haben wir ein anderes Virus als Dänemark, England und Schweden? Warum lag die Inzidenz in Schweden (Stand 08.04.22) bei 40,6 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, während sie am gleichen Tag im zaudernden Deutschland bei 1079,9 lag? Was bringen die Masken? In Straßenumfragen, die man sich auf youtube zu Gemüte führen kann, bekunden Befragte, dass das Virus „ja noch da“ sei. Deshalb müssten weiterhin Masken getragen werden. Ja, das Virus ist noch da. Das wird auch in fünf Jahren noch da sein, wenn auch – aller Wahrscheinlichkeit nach – in völlig harmloser Variante.

Wenn sich selbst Apologeten wie Jan Böhmermann, der hinlänglich bekannt dafür ist, alle „Maßnahmen“ inbrünstig zu befolgen (und gerne jeden pauschal zu maßregeln, der dies nicht tut) sich mit Corona infizieren, spricht das aus meiner Sicht doch nur für eines: dass wir uns ohnehin alle infizieren werden. Das deckt sich auch mit den Aussagen von Klaus Stöhr, der aus Sicht unseres Gesundheitsministers Karl Lauterbach zwar „Kein-Top-Virologe“ ist, aber immerhin jahrelang Pandemiebeauftragter der WHO war. Stöhr wies bei verschiedenen Anlässen daraufhin, dass Masken, Abstand und Quarantäne die Infektionen allenfalls herauszögern, nicht aber verhindern könnten. Jede Pandemie, so Stöhr weiter, ende mit der Durchseuchung. Wollen wir in zehn Jahren noch mit Maske rumlaufen?

Manch einen stört dies offenbar nicht. Das Narrativ „Mit Maske schütze ich mich und andere. Wer keine Maske trägt, ist ein unsozialer Egoist.“ hält sich hartnäckig. Oder es führt zu provokanten Bekenntnissen wie „Meine Maske ist schöner als dein Querdenkergesicht“, wie ich vor einiger Zeit las. Eigentlich schwer vorstellbar, so hässlich wie FFP2-Masken sind. Kollateralschäden, die durch das Maskentragen verursacht werden – von Ohrenschmerzen bis zu dem Aufrechterhalten eines psychischen Daueralarmmodus – sind gefälligst hinzunehmen.

Und ewig warnt Karl Lauterbach

Andere geben offen zu, dass ihre Angst es nicht zulässt, auf die Maske zu verzichten. Woher rührt diese Angst und warum gibt es sie in diesem Ausmaß beispielsweise in den Niederlanden nicht? Rührt sie nur von der nun seit 2020 ununterbrochen verbreiteten, manipulativen Angstmache der Medien? Ist es also so, wie es der französische Arzt und Psychologe Gustave Le Bon in seinem 1895 veröffentlichten Buch „Die Psychologie der Massen“ anhand eines Beispiels beschreibt, bei dem die Wache eines Schiffs warnt, sie habe ein mit Menschen beladenes Floß in Seenot erspäht. Die zunächst Gewarnten vermeinten es nach kurzer Zeit alle zu sehen. Doch bei näherer Prüfung erwies sich das Floß einfach als nicht existent.2

Auch jetzt, nachdem die Maskenpflicht in vielen Bereichen aufgehoben ist, wird in den Leitmedien ausdrücklich goutiert, dass viele dennoch weiterhin ihr Gesicht bedecken. „Berlin trägt weiter Maske- und das ist auch gut so“ lautet die Überschrift einer Kolumne, die die BZ am 06. April druckte. Nun kann der geneigte Leser einwenden, dass es sich schließlich um eine Einzelmeinung einer Autorin handelt. Aber ob eine Kolumne mit einer gegenteiligen Meinung abgedruckt worden wäre, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Immerhin wird toleriert, dass eine Nena Schink in der Talkrunde „Viertel nach acht“ des Privatsenders BILD TV sich abfällig über Masken äußert und herausstellt, was es – im positiven Sinne – mit Menschen psychisch macht, wenn sie keine Masken mehr tragen müssen.

Nun will ich Corona weder als Halluzination abtun noch verharmlosen. Aber offenbar wird in anderen Ländern anders damit umgegangen, ansonsten wäre es nicht zu erklären, dass in Deutschland von weiten Teilen der Bevölkerung als „weiterhin unbedingt notwendig“ angesehen wird, dass wir uns maskieren – beispielsweise mit dem Argument, dass ansonsten das Gesundheitssystem im nächsten Herbst „wieder kollabiert“ – was es seit Frühjahr 2020 nie getan hat. Auch das Argument von Karl Lauterbach, wir dürften uns nicht an 200 bis 300 Tote pro Tag gewöhnen, kann von einer anderen Seite beleuchtet werden, wie am 08.04.22 in der Tageszeitung „Die Welt“ nachzulesen war. Dort heißt es unter anderem sinngemäß, dass es auch dann einige hundert Tote mit dem Virus geben würde, wenn es harmlos wäre – gegeben die Tatsache, dass einige Millionen Menschen deutschlandweit es in sich tragen und der Altersmedian der an oder mit Corona verstorbenen bei 85 Jahren liegt.

Für viele Menschen ist der „freedom day“ jedenfalls noch längst nicht Realität, sie sind gezwungen, weiterhin im Daueralarmzustand zu leben. Beispielsweise dann, wenn ihr Arbeitgeber von seinem Hausrecht Gebrauch macht, eine hausinterne Maskenpflicht anzuordnen. Wer behauptet, die Maskenpflicht sei nur eine „kleine Einschränkung“, hat nie acht Stunden am Stück mit Maske unterrichtet – diese persönliche Anmerkung sei mir gestattet. Gewöhnen werde ich mich an diesen Fremdkörper im Gesicht jedenfalls nie – und hoffe, dass es vielen anderen ebenso geht.

1 https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/masken-verzoegern-sprachentwicklung-folge-der-corona-massnahmen-17933790.html

2 s. Le Bon, Gustave: „Psychologie der Massen“ epub S. 29 ff.

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