Digitales Impfzertifikat für alle Ewigkeit?

von Martina Binnig

Lesedauer 3 Minuten

Die EU-Kommission und die Weltgesundheitsorganisation WHO verkündeten am 5. Juni den Start einer „Partnerschaft im Bereich der digitalen Gesundheit“. Laut Pressemitteilung der EU-Kommission übernimmt die WHO noch in diesem Monat das System der digitalen COVID-19-Zertifizierung der Europäischen Union. Damit könne ein globales System eingerichtet werden, das die Mobilität erleichtern und die Bürger auf der ganzen Welt vor aktuellen und künftigen Gesundheitsbedrohungen besser schützen werde. Das digitale COVID-Zertifikat der EU sei ein wichtiges Instrument für sicheres Reisen während der COVID-Pandemie gewesen.

Das ist allerdings purer Euphemismus, denn während der Coronakrise übte genau dieses digitale Zertifikat, das für Reisen und den Zugang etwa zu Hotels, Restaurants, kulturellen Veranstaltungen und teilweise sogar zum Arbeitsplatz erforderlich war, immensen Druck auf die EU-Bürger aus, sich impfen zu lassen. In der Realität erzeugte es Unfreiheit, nicht Freiheit. Dagegen wird Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, in der Pressemitteilung mit den Worten zitiert:

Mit dieser bahnbrechenden Partnerschaft mit der WHO bauen wir die EU-Innovationen im Bereich der digitalen Gesundheit aus, um allen Bürgern auf der ganzen Welt sichere Mobilität zu ermöglichen. Es gibt keinen besseren Partner als die WHO, um die Arbeit, die wir in der EU begonnen haben, voranzutreiben und globale digitale Gesundheitslösungen weiterzuentwickeln.“ Auch Thierry Breton, Kommissar für Binnenmarkt, lobte die „Spitzentechnologie des EU-Zertifikats“, das die WHO nun nutze, um ein globales Instrument gegen künftige Pandemien zu schaffen.

Enge Partnerschaft zwischen WHO und EU

Die Partnerschaft der WHO mit der EU werde eine enge Zusammenarbeit bei der Entwicklung, Verwaltung und Umsetzung des WHO-Systems beinhalten, wobei das umfangreiche technische Fachwissen der Europäischen Kommission in diesem Bereich genutzt werde. In einem ersten Schritt müsse sichergestellt werden, dass die derzeitigen digitalen Zertifikate der EU weiterhin effektiv funktionieren. Dabei stützt sich die Initiative auf die Globale Gesundheitsstrategie der EU und die Globale Strategie für digitale Gesundheit (Global Digital Health Certification Network, GDHCN) der WHO-Mitgliedstaaten und folgt auf die am 2. Dezember 2022 von Kommissarin Kyriakides und WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus unterzeichnete Vereinbarung zur Verbesserung der strategischen Zusammenarbeit in globalen Gesundheitsfragen.

Die Zusammenarbeit beruhe „auf den gemeinsamen Werten und Grundsätzen der Transparenz und Offenheit, der Einbeziehung aller, der Rechenschaftspflicht, des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre, der Sicherheit, der Skalierbarkeit auf globaler Ebene und der Gerechtigkeit“. Besonderes Augenmerk werde dabei auf „gerechte Beteiligungsmöglichkeiten für die Bedürftigsten“, nämlich auf „Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen“ gelegt. Das WHO-System soll nun in einem stufenweisen Ansatz technisch weiterentwickelt werden, um zusätzliche Anwendungsfälle einzubeziehen, wie beispielsweise die Digitalisierung des Internationalen Impfpasses.

„Äußerst erfolgreiches digitales Zertifizierungsnetzwerk der EU“

Auf der Webseite der WHO wird WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zitiert mit der Aussage: „Aufbauend auf dem äußerst erfolgreichen digitalen Zertifizierungsnetzwerk der EU will die WHO allen WHO-Mitgliedstaaten den Zugang zu einem Open-Source-Instrument für die digitale Gesundheit ermöglichen, das auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Innovation, der Transparenz sowie des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre beruht. Die neuen digitalen Gesundheitsprodukte, die derzeit entwickelt werden, sollen den Menschen überall helfen, schnell und effektiv hochwertige Gesundheitsdienste zu erhalten.“

Doch das ist natürlich nur Augenwischerei. Im Zusammenhang mit dem WHO-Pandemievertrag und der Neufassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) – siehe  hier und hier – erhält die WHO nun noch größeren Einfluss auf die internationale Gesundheitspolitik. Ob sie damit tatsächlich den Interessen der „Bürgerinnen und Bürger auf der ganzen Welt“ dient, ist mehr als fraglich. Vielmehr stehen offenbar die Interessen der global agierenden Pharma- und Digital-Konzerne im Vordergrund. Jedenfalls deuten weitere Partnerschaften der WHO etwa mit der Rockefeller-Stiftung – siehe  hier – darauf hin.

Dieser Text erschien zuerst auf der Achse des Guten

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