Der Verlust von Rechtsstaat und Demokratie an den Parteienstaat

Ein Kommentar von Tobias Gall

Lesedauer 3 Minuten
Erosion GG- © 1bis19 (Andreas Hansel)

Die politische Moderne verschwindet wie Sand in den Händen des Parteienstaats. Mit dem kaltschnäuzigen Wahlbetrug, der weitgehenden Aufgabe der Schuldengrenze und dem Erheben der CO2-Neutralität bis 2045 zum Quasi-Staatsziel werden die tragenden Säulen der Weltanschauung des Grundgesetzes – der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – weiter abgetragen.

Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip

Der von Anfang an verfassungswidrig handelnde Bundeskanzler Scholz – man erinnere sich an die Überschreitung roter Linien als Politikprinzip – hat als williger Vollstrecker der Kanzlerin der Alternativlosigkeit das der individuellen Freiheit dienende Rechtsstaatsprinzip weiter abgeräumt:

  • Grundrechte wirken an sich naturrechtlich und vorstaatlich in erster Linie als Abwehrrechte. Seit Corona müssen sie sich aber durch Regelkonformität und moralistische Linientreue verdient werden. Wer sich der toxischen Spritze als Regel widersetzt oder sich durch kritische Meinungsäußerungen an der Bildung von politischen Leitlinien gezielt beteiligen will, der hat sich politische Grundfreiheiten nicht verdient.
  • Noch moderner ist das Grundrechtsverständnis von ihrer objektiv-rechtlichen Wirkung: Die Grundrechte wirken als verbindliche Arbeitsanweisungen für den Staat. Es ist seine vornehmste Aufgabe alles dafür zu tun, dass die Gesellschaft ihre Grundfreiheiten weitestmöglich entfalten kann, weil dies dem Gemeinwesen am dienlichsten ist und die einzig relevante allgemeine Wohlfahrt bedeutet. Den Staat treffen Schutzpflichten vor allem dann und nur, wenn konkrete Gefahren für die Grundrechtsausübung unkontrollierbar zu werden drohen.
  • Die Politik zumindest seit 2005 (mit der Wahl von Merkel) verfolgt aktiv das Gegenteil: Wir müssen als Land die Erde vor einem Verglühen retten – noch der kleinste und wirkungsloseste Beitrag dazu ist von höherem Rang als alle Grundrechte, weil die herbeifantasierte Planetenerhaltung gewissermaßen Vorbedingung ihrer Geltungskraft ist. Die Bevölkerung muss weiter umerzogen werden, weil sie in Unterdrückungskreisläufen gefangen ist, weshalb wir den kleinsten Minderheiten zu Unterdrückungsmacht verhelfen müssen. Und wir müssen die Welt Mores lehren, es geht nicht mehr um das friedliche Zusammenleben der Völker oder Kulturen (vor allem auch nach deren jeweiliger Façon), sondern um die Durchsetzung unserer moralistischen Prinzipien unabhängig oder gegen jeden Nutzen für die eigene Bevölkerung.

Die Grundrechte und die Freiheitsgewährleistung des Menschen als vornehmster Gegenstand des Rechtsstaatsprinzips sind dabei nicht nur aus dem Blick geraten, sondern spielen politisch prinzipiell keine Rolle mehr.

Das Demokratieprinzip

Spätestens mit dem „Triple Whammy“ von Friedrich Merz lässt der Parteienstaat aber auch das Demokratieprinzip hinter sich:

  • Mit Merz an der Spitze hat die CDU/CSU im Bundestagswahlkampf eine Wende der Klima- und Energiepolitik, eine Rückkehr zur Schuldengrenze eine Abkehr von linker Identitätspolitik und eine Migrationswende zur Abstimmung gestellt – um nach der Zustimmung durch den Souverän als Erstes in allen Punkten das Gegenteil als politische Prinzipien einer Koalition mit dem abgewählten Gegner zu verfolgen. Man kann das einen metapolitischen Diktatfrieden durch den Verlierer nennen. Es ist aber vor allem die Ansage an den Wähler: Du hast hier gar nichts mehr zu sagen! Hier geht es nur um eines: um die Erhaltung unserer etablierten Macht!
  • Zweitens macht man noch vor der Konstituierung des neugewählten Bundestags das Budgetrecht als schärfstes parlamentarisches Schwert dadurch stumpf, dass man die Schuldenbremse faktisch abschafft und dadurch die Ausgeglichenheit des Haushalts zum Spielball der Politik macht.
  • Schließlich und drittens erhebt man den über allem stehenden Klimaschutz als konjunkturpolitisches Grundübel in Verfassungsrang, obwohl die erneut strukturgewandelte Öffentlichkeit das längst als Irrweg erkannt hat.

Ein Staatsstreich

Der Wähler, wie der Souverän von der Politik gerne verniedlichend genannt wird, hat nur eine machtvolle Einflussmöglichkeit auf das staatliche Handeln im Ganzen: Er kann mehrheitlich als gescheitert angesehene Regierungen abwählen und den politischen Vorhaben der vorherigen Opposition zur Macht verhelfen. Wenn diese Einflussmöglichkeit infolge planvoller Betrügereien annulliert wird, begeht man einen Frontalangriff gegen das Demokratieprinzip. Wie anders soll man das nennen als einen Staatsstreich?

Seit Jahren befindet sich das Rechtsstaatsprinzip in Erosion. Jetzt ist das Demokratieprinzip geschleift worden. Von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist damit nur noch eine Grundordnung geblieben. Man muss sie eine parteienstaatliche Grundordnung nennen, die zunehmend dem Absolutismus ähnelt. Das sich mit Machtabonnements versehen fühlende politische Darstellerensemble ruft dem Wähler höhnisch zu: Wir sind der Staat und wir entscheiden, welche Krise wir für euch aktuell inszenieren und mit wem ihr euch als Feind zu beschäftigen habt!

Wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand, so verschwindet also allmählich das, was man die politische Aufklärung oder Moderne – als geistige Substanz der Gegenwart – genannt hat. Diejenigen, die das zulassen, tun dies aus niedrigen Beweggründen ebenso, wie sie in ihrer geistigen Schlichtheit nicht einmal wissen, was sie tun.

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