Loch im Dach

eine Kurzgeschichte von Leonia Tralalińska

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1bi219 - Loch im Dach
Perspektive in der Mitte

Die Behörden appellierten an die Öffentlichkeit, den Gesundheitsschutz noch stärker in den Vordergrund zu stellen. Wie mir geraten wurde, habe ich mich zu Hause eingeschlossen, unnötige und gefährliche Kontakte zu Menschen unterbunden, meine Einkäufe eingeschränkt und, wenn es sein musste, die gekauften Konserven, Nudeln und das Toilettenpapier desinfiziert. Ich habe meine Schuhe und Kleidung mit Sagrotan behandelt und meine Maske immer im Bad verbrannt. Einmal kam es dabei aber zum Wohnungsbrand.

Die Feuerwehr traf ein, betrat das Gebäude aber aus Sicherheitsgründen nicht. Zum Glück ist nur der Vorhang verbrannt, der Teppich ist verbrannt, schließlich ist der Kessel explodiert, ich habe mir die Augenbrauen versengt und dann das Bewusstsein verloren. Als ich aufwachte, rief ich einen Krankenwagen, weil ich mir die Rippen gebrochen hatte und Hilfe brauchte. Der Krankenwagen kam nicht, mit der Begründung, dass man in solch unsicheren Zeiten die Retter nicht in Gefahr bringen dürfe.

Mitte Februar war das Loch im Dach so groß geworden, dass das Regenwasser auf den Tisch floss. Der Fachmann kam mit einer Werkzeugkiste, betrat aber das Haus nicht, obwohl ich einen Dreiviertel-Morgenmantel trug. Er war geimpft und ich hatte meine Maske vergessen.

Das Regenwasser floss bis in den Sommer, die Rippen heilten, die Augenbrauen wuchsen schön und ganz dicht nach, und ich lebe weiter, immer vorsichtig nach dem Grundsatz des berühmten Philosophen: „Bleiben Sie gesund!“

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