von Dr. Christian Steidl
Lesedauer 3 MinutenDer Dialog fand nur auf dem Podium statt und war zaghaft, Maßnahmenkritiker waren nicht zugeladen. Dennoch gewährten die Aussagen der Podiumsteilnehmer interessante Einblicke in das Seelenleben derer, die mitgemacht hatten. In der Tat wagte man Kritikpunkte anzusprechen, jedoch nur insoweit wie sie mittlerweile im Mainstream angekommen sind. Das war nicht übermäßig viel. Der erste Vortragende Dr. Martin Zentgraf vom Vorstand des Hessischen Diakonievereins zeigte sich zunächst „dankbar“ für die schnelle Verfügbarkeit der Corona-Impfstoffe, die nach seinem Glauben viele Menschenleben gerettet hätten – angeblich.
Er stehe erst am Anfang einer„Aufwachphase“, aber immerhin nahm er eine „neue Szene von Gurus“ wahr. Dazu zählte er „Drosten, Kekulé….und Lauterbach wollte auch mit dabei sein.“ Schließlich konzedierte er, dass die Entscheidung Schulen und Kindergärten zu schließen, aus heutiger Sicht falsch gewesen seien.
Dr. Annette Laakmann, Leiterin des Hessischen Studienseminars für Gymnasien in Darmstadt, ging nicht direkt auf Zentgrafs Bewertungen ein, verwies aber auf die gravierenden Folgen der Lockdowns und der daraus resultierenden Verunsicherung vieler junger Menschen. Sie äußerte die Sorge, dass man aus den drei Jahren Pandemie bisher noch zu wenig gelernt habe.
Das ideologisch erzwungene „Wir“
An dieser Stelle erscheint es mir wichtig sich hinsichtlich des Meinungskorridors der Podiumsteilnehmer klar zu machen, dass sie alle vom Staat oder von der Kirche bezahlt werden und ihre Geldgeber nicht zu scharf kritisieren dürfen, selbst wenn das ihrer Meinung entspreche würde. Dies verdeutlichte zum Beispiel das von Ihnen verwendete gesellschaftsgängige Vokabular: Alle verblieben in der Sprachregelung von der „Pandemie“.
Karsten Wiegand, Intendant des Städtischen Theaters Darmstadt, kritisierte das ideologisch erzwungene „Wir“ wie auch den Streit um die Frage, ob das Virus vom Fischmarkt oder aus dem Labor gekommen sei. Die dritte Theorie, dass dieses Virus womöglich nur durch den PCR-Test herbeigetestet wurde, erwähnte er nicht. Vielleicht kannte er diese Überlegung nicht. Doch er beklagte die Überreglementierung bei den Pandemiemaßnahmen, die ein negatives Menschenbild offenbart hätten: Die Verantwortlichen schienen die Menschen für unfähig zu halten.
Annette Laakmann warf ein, dass viele Menschen nicht krisenfest genug seien. Die Schule müsse mehr Augenmerk darauf legen, „mündige und starke Menschen“ heranzuziehen. Prof. Jens Schneider sah diese Erziehungsaufgabe eher bei den Familien, denen man diese Verantwortung geben sollte. Auch müsse man mehr Kontroverse zulassen.
Während der Veranstaltung hatte das Publikum keine Möglichkeit, Fragen zu stellen. Aber nach den zwei Podiumsrunden, drei Liedern, Vaterunser, Fürbitten und Segen bot sich das Gespräch mit den Referenten in informeller Runde. Ich bedauerte im Gespräch mit Frau Laakmann, dass die Menschen die staatlichen Narrative offenbar um so unkritischer geglaubt hätten, je länger sie auf staatlichen Bildungseinrichtungen waren. Und da Frau Laakmann in der evangelischen Kirche aktiv ist und unter anderem analysiert hatte, dass die Gesellschaft noch immer gespalten sei, erzählte ich ihr von einem Vortrag von Pfarrer Michaelis zwei Tage zuvor in Seeheim: Dieser hatte dort erklärt, dass dem Katechismus zufolge die Voraussetzung für Vergebung sei, dass der Sünder Buße tue, umkehre und den Schaden wieder gut mache. Angesichts meiner Ausführung verzog sie zwar ein wenig die Miene, widersprach aber nicht.
Maßnahmenkritiker zu Wort kommen lassen
Im Gespräch mit Prof. Schneider zeigte ich mich schockiert, dass Herr Zentgraf noch immer glaube, dass die Corona-Impfung zu einer Verringerung der Todesfälle geführt habe. Dazu meinte Prof. Schneider, der in seinem Statement mehr Kompetenz in Sachen Statistik angemahnt hatte, dass man eben noch zu wenig Daten habe, um die Frage einer positiven Impfwirkung abschließend zu klären.
Den Referenten wie auch Dekan Raimund Wirth übergab ich das Flugblatt von „Eltern stehen auf e.V.“ mit den Forderungen zur Aufarbeitung der Plandemie und zur „Überwindung der Spaltung“. Voraussetzung dafür bleibt, dass auch Maßnahmenkritiker beim Dialog zu Wort kommen. Immerhin, könnte die Veranstaltung ein Anfang sein. Dekan Wirth erzählte jedoch leider, dass er künftig andere Themen in den Vordergrund stellen möchte.
Man kann Dekan Wirth nicht verübeln, dass er keine weitere Veranstaltung zum Thema Corona mehr durchführen möchte: Es kamen – trotz breiter Plakatierung in der Stadt – lediglich ca. 40 Teilnehmer, die in der großen Stadtpfarrkirche etwas verloren wirkten. Doch gewiss lag die mangelnde Resonanz auch am Podium. Wäre z.B. der Corona-kritische Arzt Dr. Gunter Frank mit dabei gewesen, wären sicher mehr Interessenten gekommen. Schließlich wäre auch die stärkere Präsenz von Corona-Maßnahmenkritikern hilfreich gewesen, wenn zwanzig von ihnen nach der Veranstaltung Dekan Wirth gebeten hätten, eine zweite Podiumsdiskussion unter Einbeziehung von Corona-Maßnahmenkritikern durchzuführen.