Diese Geschichte meines Dorfes erzählt meine Perspektive auf mein Nun-Nicht-Mehr Heimatdorf im Herbst 2022. Sie erzählt vom chronifizierten soziologischen Notfall im Modellprojekt „Hinter den roten Linien“. Ich berichte ohne Bitterkeit, ich fühle Traurigkeit, Scham und Abschied.
Einer meiner Schüler sagte die Tage zu mir: „Irgendwie hat unsere Schule ihr Konzept verloren.“ In Gedanken stelle ich diese Aussage meinen Kolleginnen vor. Gehe den möglichen Diskurs durch und befürchte, dass es auf Folgendes hinausläuft: „Die Kinder haben Schulzeit verloren, es gibt Nachholbedarf, wir müssen den Stoff vermittelt bekommen“. Supervision? Schulterzucken, Lächeln: „Corona?“ „Oh, vergessen!“ Gut, dass es Ironie gibt…
Halbjahres-Elterngespräch: „Alma, wie geht es dir?“ Keine Eröffnungsfloskel, ich meine es ernst. Als hätte Alma auf diese Frage gewartet, schießen ihr Tränen in die Augen. Es entlädt sich ein Druck, der anscheinend schon länger keinen Platz mehr hatte. Darauf war ich nicht vorbereitet. Du musst jetzt hundert Prozent anwesend sein, sage ich zu mir, musst den kompletten Zugriff auf deine Erfahrung in authentischem Zuhören, persönlicher Sprache auf Augenhöhe abrufen. „Ich will wieder in die Schule! Ich halte es nicht mehr aus!“ ...