Wenn Profit über Gesundheit steht – Eine kritische Analyse der Pharmaindustrie

von Andreas Hansel

Lesedauer 4 Minuten
Prof. a.D. Dr. Sönnichsen im Bürgerhaus WI-Sonnenberg © 1bis19
Prof. a.D. Dr. Sönnichsen im Bürgerhaus WI-Sonnenberg © 1bis19

Am 10. Dezember dieses Jahres referierte Univ.-Prof. a.D. Dr. Andreas Sönnichsen im Bürgerhaus Wiesbaden-Sonnenberg zum Thema „Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitssystem ruiniert“. Die Veranstaltung wurde von den Kreisverbänden Mainz und Wiesbaden der Partei „dieBasis“ organisiert. Die Teilnahme war kostenlos, lediglich eine vorherige Anmeldung war erforderlich. Im Vorfeld und während der Veranstaltung wurden die Besucher um Spenden gebeten, um die Kosten zu decken.

Im Eingangsbereich des Bürgerhauses konnten die Besucher an einer Umfrage zum Thema „Sollen Taurus in die Ukraine geliefert werden“ teilnehmen. Hierzu konnten bunte Tischtennisbälle in mit „Ja“, „Nein“ oder „Egal“ beschriftete Plexiglasröhren gelegt werden. Nach der Veranstaltung wurde das Ergebnis festgestellt: 100% aller abgegebenen Stimmen waren gegen eine Lieferung von Taurus an die Ukraine.

Der Saal war mit etwas mehr als 200 Besuchern nahezu komplett belegt. Der Großteil des Publikums war deutlich älter als 50 Jahre. Nach kurzen Problemen mit der Audiotechnik begann die Veranstaltung plangemäß gegen 19:00 Uhr. Dr. Jörg Heuser vom Kreisverband Mainz der Partei dieBasis eröffnete die Veranstaltung mit einigen Danksagungen und Hinweisen und überließ sogleich Sönnichsen das Wort.

Der Verschwörungstheoretiker

Sönnichsen stellte sich als rechtsradikaler Verschwörungstheoretiker vor, zumindest werde er seit Corona in den Medien so bezeichnet. Dafür erhielt er den ersten Applaus. Nach einigen einleitenden Worten über seinen Werdegang und seine Interessenkonflikte sowie seinen persönlichen Bezug zur Stadt Mainz – er war dort als Kind oft bei seiner Oma – erklärte er, dass seine Kritik an den Corona-Maßnahmen zum Verlust seines Lehrauftrags und Arbeitsplatzes an der Medizinischen Universität Wien geführt habe.

Die Mär vom asymptomatisch Kranken

Der Vortrag begann mit einer Rückschau auf die sogenannte „Covid-Pandemie“, die er mit der „Mär vom asymptomatisch Kranken“ einleitete. Anlasslose Tests an symptomfreien Personen seien grundsätzlich nicht sinnvoll, da sie vor allem zu falsch positiven Ergebnissen führten. Sönnichsen illustrierte dies anhand von Daten aus Österreich, die zeigen, dass es vor dem ersten Lockdown kaum echte Covid-Fälle gab. Besonders betonte er die Rolle der PCR-Tests, die durch massenhafte Anwendung die Fallzahlen künstlich in die Höhe trieben.

Im weiteren Verlauf erklärte er die Rolle des ARE (Akute Respiratorische Syndrom-Surveillance)-Praxis-Sentinel-Netzwerks und der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI), deren Daten die geringe Belastung des Gesundheitssystems durch Covid im Vergleich zu anderen respiratorischen Erkrankungen belegen. Er führte detailliert aus, wie diese Netzwerke repräsentative Daten erheben und wie diese Daten im Krisenmanagement hätten genutzt werden können. Auch wurde deutlich, dass viele politische Entscheidungen auf falschen Annahmen beruhten, da der Krisenstab des RKI selbst in internen Protokollen von asymptomatischen Tests abriet. Sönnichsen zeigte konkrete Auszüge aus den Protokollen und erläuterte deren Tragweite.

Menschen in Patienten verwandeln

Nach dieser Bestandsaufnahme leitete Sönnichsen zu einem umfassenderen Blick auf das Gesundheitssystem über. Er argumentierte, dass die Pharmaindustrie gezielt darauf hinarbeitet, gesunde Menschen in Patienten zu verwandeln, und führte als Beispiele die Anpassung von Normwerten, unnötige Vorsorgeuntersuchungen und Überdiagnosen an. Awareness-Kampagnen und sogenanntes „Disease Mongering“ würden dazu beitragen, dass normale Befindlichkeiten als behandlungsbedürftig wahrgenommen würden. Beispiele wie ADHS und Depression illustrierte er mit konkreten Zahlen und Berichten, um die Tragweite dieser Entwicklungen zu verdeutlichen. Besonders hob er hervor, wie ADHS bei Kindern pathologisiert wurde und wie die Pharmaindustrie davon profitiert.

Ein zentrales Argument seines Vortrags war die zunehmende Polypharmazie. Sönnichsen zeigte auf, dass ein großer Anteil der älteren Bevölkerung täglich mehr als fünf Medikamente einnimmt. Diese hohe Medikamentenlast sei häufig mit Fehlern und Nebenwirkungen verbunden. Er stellte Studien vor, die erhebliche Fehlverschreibungen und Wechselwirkungen aufzeigen, und wies darauf hin, dass ein großer Teil der Krankenhausaufenthalte vermeidbar wäre, wenn Medikation sorgfältiger kontrolliert würde. Die von ihm präsentierten Fallstudien verdeutlichten die Problematik und unterstrichen die Notwendigkeit einer Reform.

Am Beispiel von Aspirin zeigte er die Mechanismen der Vermarktung auf. Trotz mittlerweile differenzierter Empfehlungen, die eine Einnahme nur für bestimmte Risikogruppen befürworten, steige der Absatz kontinuierlich. Dieser Trend werde durch aggressive Werbung begünstigt, die Risiken oft verschwiegen. Sönnichsen erläuterte die historische Entwicklung des Medikaments und veranschaulichte anhand von Umsatzdaten, wie stark Marketingstrategien die Wahrnehmung und den Verbrauch beeinflussen.

Es geht um den Profit

Besonders ausführlich beleuchtete er die wirtschaftlichen Zusammenhänge. Er zeigte die kontinuierliche Steigerung der Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland auf, die sich inflationsbereinigt im Zeitraum von 2010 bis 2023 fast verdoppelt haben. Ebenso hob er hervor, wie ein großer Anteil der Gesamtausgaben im Gesundheitssystem auf Medikamente entfällt, während andere Bereiche, wie die Pflege, vernachlässigt werden. Mit anschaulichen Grafiken illustrierte er den Anstieg des Anteils pharmazeutischer Produkte am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland und Österreich.

Abschließend thematisierte Sönnichsen die Abhängigkeit des Gesundheitssystems von der Pharmaindustrie. Er kritisierte den Einfluss auf Politik, Forschung und Bildung sowie die Verzerrung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch industriefinanzierte Studien. Dabei führte er konkrete Beispiele für Interessenkonflikte an und stellte dar, wie diese die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen. Als Lösung schlug er unabhängige Forschungsfonds vor, die eine objektive Bewertung von Medikamenten ermöglichen würden.

Fehler im System – Eigenverantwortung notwendig

Der Vortrag schloss mit der Feststellung, dass die Covid-Impfung der größte Medizinskandal der Geschichte sei und die Fehler im System exemplarisch verdeutliche. Sönnichsen forderte dazu auf, eigenverantwortlich zu handeln und das Gesundheitssystem grundlegend zu reformieren. Er appellierte an die Zuhörer, kritisch zu bleiben und sich aktiv für Veränderungen einzusetzen.

Die anschließende Diskussion zeigte, dass viele Besucher die Kritik teilen. Der Abend bot nicht nur Einblicke in die Mechanismen des Gesundheitssystems, sondern auch Anlass, dessen Strukturen grundsätzlich zu hinterfragen. Die intensiven Gespräche und Nachfragen verdeutlichten das große Interesse und die Notwendigkeit, diese Themen weiter öffentlich zu diskutieren.

Randnotiz

Die Veranstaltung fand in Wiesbaden statt, da die Bürgerhäuser hier kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, während in Mainz die Bürger eine Saalmiete an die Stadt entrichten müssen.

Anmerkung des Verfassers: Eventuell sollte die Stadtverwaltung Mainz darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, einen marginalen Teil der BioNTech-Steuer-Milliarden für mietkostenfreie Bürgerhäuser zu nutzen und damit die Hürden für privat organisierte Kultur- und Bildungsangebote zu senken.

Mehr Informationen

Die Folien zum Vortrag wurden nach der Veranstaltung auf der Website der Partei dieBasis Mainz veröffentlicht. Dort ist der Vortrag auch als Video zu sehen.

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