Antworten auf das Abgeordneten-Anschreiben zum „Demokratiefördergesetz“ und „Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus“
Folge 5
Lesedauer 3 MinutenAm 5. März dieses Jahres veröffentlichte die 1bis19-Redaktion einen Musterbrief zum Thema „Demokratiefördergesetz“ und „Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus“, der als Vorlage für Anschreiben an die Abgeordneten der jeweiligen Wahlkreise genutzt werden kann. Er war zuvor schon an die Mitglieder von 1bis19 versandt worden mit Hinweisen darauf, wo die entsprechenden Wahlkreise und Mailadressen der Abgeordneten abrufbar sind. Im Folgenden dokumentieren wir einige Antwortschreiben der angeschriebenen Abgeordneten in anonymisierter Form.
Der Text des Anschreibens, auf das sich die Antworten beziehen, findet sich noch einmal ganz unten.
MdB (Bündnis 90/Die Grünen) – ein anders lautendes Antwortschreiben:
Sehr geehrter Herr…………………,
vielen Dank für Ihr konstruktives Schreiben und das Teilen Ihrer Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen in unserer Demokratie und der Gesetzgebung.
Insbesondere hinsichtlich der Äußerungen von Frau Bundesministerin Nancy Faeser zum Gesetzesentwurf verstehe ich Ihre Punkte.
Ich werde Ihre Anmerkungen anonymisiert an den zuständigen Fachbereich in Berlin weitergeben und gehe davon aus, dass Ihre Anmerkungen in den Findungsprozess miteinfließen werden.
Vor allem Ihre Bedenken zu den finanziellen Förderungen „politisch erwünschter“ Meinungen und der Eingriff in die Meinungsfreiheit im digitalen Raum müssen umgehend auf den Prüfstand gestellt werden.
Die Meinungsfreiheit ist ein unverzichtbares Element einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft uns muss von der Gesetzgebung bewahrt werden.
Ich danke Ihnen für Ihr Engagement. Sie können bei Fragen, Anmerkungen oder Kritik jederzeit unter dieser Mailadresse erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
…………………………….
Appendix:
Der Text des Musteranschreibens lautete im Übrigen wie folgt:
Sehr geehrter Herr/Frau [Name des Bundestagsabgeordneten],
ich wende mich an Sie, um meine Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Gesetzgebung zum Ausdruck zu bringen.
Am 13. Februar 2024 stellte die Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vor. Darin setzt sie sich unter anderem für ein „Demokratiefördergesetz“ ein, das die finanzielle Förderung von politisch erwünschten Weltanschauungen verstetigen und echten Pluralismus verhindern würde, und strebt eine weitere Novellierung des Nachrichtendienstrechts an, insbesondere mit dem Ziel, Eingriffsschwellen für den administrativen Verfassungsschutz zu senken und richterliche Kontrollen unter dem Vorwand der „Entbürokratisierung“ abzubauen.
Die Äußerungen der Innenministerin und des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz auf derselben Pressekonferenz lassen klar erkennen, dass es nicht nur um die Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität geht, sondern auch darum, bestimmte Anschauungen und Einstellungen zu unterdrücken, die von der aktuellen Bundesregierung missbilligt oder abgelehnt werden.
Besonders besorgniserregend ist die geplante Umsetzung des Digital Services Act der EU durch das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), welches Plattformbetreibern die Möglichkeit geben würde, mittels automatischer Inhaltserkennungstechnologien als „kritisch“ oder „nachteilig“ eingestufte Äußerungen zu löschen. Nutzer würden dann eher schweigen, als das Risiko einzugehen, als mögliche Störer oder Gefährder der „öffentlichen Debatte“ oder der „öffentlichen Sicherheit“ eingestuft zu werden.
Insgesamt könnte dies zu einer allgemeinen Atmosphäre der Angst und Unsicherheit führen, welche die für eine Demokratie unerlässliche freie Debatte im Wettbewerb der Meinungen einschränken würde.
Des Weiteren befürchte ich, dass im Rahmen der genannten Pläne kommunale Behörden dazu instrumentalisiert werden könnten, Bürger durch gewerbe-, gaststätten- oder ordnungsrechtliche Maßnahmen zu beeinträchtigen. Durch Einflussnahme auf Kreditinstitute könnten sogar Bankverbindungen und der Zugriff auf Konten beschränkt werden.
Wie das Bundesverfassungsgericht betont hat, ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ein unverzichtbares Element einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, da es den ständigen geistigen Austausch und den Wettstreit der Ideen ermöglicht:
„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist. Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“
BVerfGE 7, 198 [208] vom 15-Jan-1958 (Lüth)
Eine Grenze für Meinungsäußerungen regelt das allgemeine Strafrecht, das insbesondere Beleidigungen und Volksverhetzung verbietet. Unterhalb der Strafbarkeitsgrenze geäußerte Meinungen genießen Grundrechtsschutz. Auch staats- und regierungskritische oder von der Politik unerwünschte Meinungen sind vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt. Es ist grundrechtswidrig, unter Berufung auf einen unbestimmten Begriff wie „Staatswohlgefährdung“ missliebige Meinungen untersagen zu wollen.
Sie als Teil der Gesetzgebung sind deshalb aufgefordert, schwerwiegende Beeinträchtigungen der Meinungsfreiheit abzuwenden.
Ich bitte Sie daher dringend, das „Demokratiefördergesetz“ zu verhindern und Übergriffe der Nachrichtendienste auf möglicherweise unbequeme, aber unbescholtene Bürger abzuwehren.
Zudem bin ich als Teil Ihrer Wählerschaft an Ihrer Einstellung zu diesem Thema interessiert und bitte um eine Antwort, die Ihre Haltung zu diesem grundlegenden Thema verdeutlicht.
Mit freundlichen Grüßen,
XXX