Von Dirk Gardt*
Lesedauer 4 MinutenIch bin Kriminalbeamter an einer deutschen Polizeidienststelle. Die Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz, die letzte Woche in Deutschland vollzogen wurde, habe ich am eigenen Leib erfahren. Dies ist der Anlass für das Niederschreiben meiner Eindrücke.
Rückblende: Am Vortag zur Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz erschien in meinem Büro der Kommissariatsleiter und erklärte, er habe „gerüchteweise“ gehört, dass ich nicht geimpft sei.
Meinem mit einem freundlichen Achselzucken verbundenen “Und nun?”, ließ er mir sinngemäß die Mitteilung zuteil werden, dass ab morgen jeder, der seinen Impfstatus nicht bekannt gäbe, oder nicht geimpft sei, vor Betreten der Dienststelle einen Corona-Test zu machen habe. Einzelheiten dazu würden folgen.
Am Nachmittag erreichte mich eine E-Mail der Dienststellenleitung, der zufolge jeder, der seinen Impfstatus nicht bekannt gäbe bzw. nicht geimpft wäre, vor Dienstantritt einen Corona-Selbsttest unter Aufsicht seines Fachvorgesetzten durchzuführen habe. Dafür habe man diesen vorab zu informieren und habe sich am Kellereingang des Dienstgebäudes einzufinden, damit der Test durchgeführt werden könne. Das vorherige Betreten der Dienststelle sei ab sofort untersagt, nur den “2G Mitarbeitern” sei es vorbehalten, ohne Reglements direkt zur Arbeit zu kommen.
Nun denn, am nächsten Morgen, Donnerstag, den 25.11.2021, ein Datum welches mir in Erinnerung bleiben wird, fand ich mich, nachdem ich vorschriftsgemäß den zuständigen Vorgesetzten von meinem Erscheinen telefonisch informiert hatte, um 7.30 Uhr an besagtem Kellerzugang ein.
Gemeinsam mit einer Kollegin, die das gleiche Schicksal mit mir teilte, wartete ich gut 10 Minuten bei 10 Grad norddeutschem Schmuddelwetter auf das Öffnen der Kellertür. Begleitet wurde unsere Wartezeit von den geringschätzigen Blicken passierender “2G Kollegen”, die uns an dem gut einsehbaren Kellergang im Außenbereich warten sehen konnten.
Schieb es dir richtig in den Rachen
Nachdem die Vorgesetzten erschienen waren, wurden wir in einen provisorischen Testraum geführt, sprich: ein Tisch mit Trennwand und zwei Stühlen für den jeweiligen Probanden.
Die Kollegin und ich führten dann, jeweils unter Aufsicht, besagten Selbsttest durch.
Zwei Kommentare meines vorgesetzten Kollegen, den ich nahezu vier Jahrzehnte kenne, wir hatten Anfang der 1980er Jahre gemeinsam bei der Polizei angefangen, haben sich mir eingeprägt: “Du – gemeint war die Kollegin – musst ihn – gemeint war das Teststäbchen – dir auch richtig in den Rachen schieben!” Und, “Mit euch ist das auch kompliziert!”, denn ich hatte Schwierigkeiten, die Stäbchen-Verpackung zu öffnen, da meine Hände nach Fahrradfahrt und Wartezeit klamm waren und nicht recht gehorchen wollten.
Auf die Kommentare reagierten wir nicht, sondern verständigten uns mit Blicken, die uns gegenseitig zur Ruhe gemahnten.
Nach der Durchführung wurde das Testergebnis mit Unterschrift in einer Tabelle dokumentiert und ich durfte meinen Dienst antreten.
Während des Dienstes wurden mir die nun an geltenden diversen 2G/3G-Regeln mitgeteilt, demnach seien beispielsweise Fortbildungen nur noch unter 2G + durchzuführen. Doch es ist hier nicht der Raum, um auf Details der mannigfaltigen Regelungen aus dem Reiche „Absurdistan Polizei“ weiter einzugehen.
Durch die kurzfristige Umsetzung der 2G/3G-Regel am Arbeitsplatz und insbesondere die Art und Weise der Testdurchführung habe ich zu ersten Mal am eigenen Leib erfahren müssen, welche Zeit in diesem Lande angebrochen ist. Eine Zeit unverhohlener Ausgrenzung und Diskriminierung von Mitmenschen, die aus guten Gründen eine medizinische Versorgung, das Wort Impfung gebrauche ich bewusst nicht, ablehnen. Eine Zeit, in der die Bewahrung der Würde jedes Menschen nicht mehr Selbstverständlichkeit ist.
Der Niedergang des Rechts
Wie erwähnt, bin ich Anfang der 1980er-Jahre in den Polizeidienst eingetreten. Als Kriminalbeamter bin ich es gewohnt, mit Gesetzen umzugehen, denn bisweilen muss ich durch meine Tätigkeit in die Grundrechte, und die Privatsphäre des Bürgers eingreifen. Ich weiß recht genau um die rechtlichen Hürden, die der Gesetzgeber vorgegeben hat, wenn bestimmte Maßnahmen wie zum Beispiel Durchsuchungen o.ä. durchzuführen sind. Die gewissenhafte Einhaltung dieser gesetzlichen Regeln war mir immer wichtig, denn ihre Achtung schützt jeden von uns. Normalerweise…. ja, ich schreibe normalerweise.
Schon mit Beginn der Corona-Pandemie war schnell feststellbar, dass rechtliche Normen aufgeweicht wurden und die Justiz widerspruchslos dem politischen Willen folgte. Das war für jeden erkennbar, der sich im Recht bewegt und sich beruflich mit Gesetzen zu befassen hat. Es war erkennbar, dass de facto die Grundrechte in geschickter Instrumentierung von Verordnungen, aber auch Gesetzesänderungen ausgehebelt wurden, insbesondere dem Bundesinfektionsschutzgesetz, welches einem offenen Freibrief für ungezügeltes politisches Handeln gleicht. Die damit einhergehende Gleichschaltung der Medien und Rückkehr ungenierter Zensur runden das Bild der bedrohlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklung ab.
Ist es nicht so, dass wir am Beginn einer neuen Zeitrechnung stehen, wenn mittlerweile ausgeschlossen erscheint, dass politische Einsicht und Umkehr erfolgen werden?
Heißt das, dass die Impfpflicht kommen wird? Die dies vorantreibenden Kräfte wollen und werden alles dafür tun. So bleibt lediglich jener Restfunken Hoffnung, dass sich eine Pflicht vorerst rechtlich nicht ohne Weiteres durchsetzen lässt. Doch es ist zu befürchten, dass man Ende 2022 die bedingte Zulassung der Impfstoffe wandeln wird, um dann endlich die „Impfung“ zwingend einführen zu können.
Ein berufliches Leben in Würde
Wie ich erfuhr, soll das Test-Prozedere an meiner Dienststelle nun wohl nochmals überdacht werden. Die Behörde weiß nämlich sehr genau, dass man sich aus rechtlicher Perspektive zumindest in einer Grauzone bewegt. Ich will nicht verschweigen, dass ich im Gespräch auch Unterstützung durch geimpfte Kollegen erfuhr, doch der breiten Masse ist, wie überall, die Entwicklung schlichtweg egal. Hauptsache „geimpft“.
Ich selbst habe mich, wie andere Betroffene auch, nun bis auf weiteres krank schreiben lassen, um zunächst die weitere Entwicklung auf der Dienststelle abzuwarten, und um Kraft zu schöpfen für diese aufdämmernde neue, bunte und nachhaltige Gesellschaftsordnung.
Darüber hinaus werde ich mir anwaltlichen Beistand zu suchen, um mein Recht einzuklagen, ein berufliches Leben für das Gemeinwesen in Würde weiterzuführen.
Und schließlich: Ja, das Zusammentreffen mit den gesellschaftlich Ausgegrenzten an Teststationen weiß auch Glück und Bereicherung zu schenken. Dem Erleben unseres Ausgeschlossen-Seins entspringt die gemeinsame Zuversicht, diese schwere Zeit zu überstehen.
[* Name von der Redaktion zum Schutz des Autors geändert]